Während der türkischen Herrschaft gab es gemeinsame Bestrebungen der Bulgaren, Serben und Griechen, sich vom Osmanischen Reich zu lösen.
Nach der Befreiung Südgriechenlands und der Proklamation des griechischen Staates 1829 folgten viele Griechen der sogenannten Megali Idea („Große Idee“), die das Ziel setzte, die restlichen griechischen Gebiete vom osmanischen Joch zu befreien und einen griechischen Staat mit der Hauptstadt Konstantinopel zu schaffen.
1864 gliederte sich die geographische Region Makedonien in 6 Verwaltungsbezirke (Vilayet) des osmanischen Reiches. Die Vilayets in der geographischen Region Makedonien waren (Hauptstadt in Klammern) Adrianopel (Edirne), Saloniki (Thessaloniki), Monastir (Bitola), Janina (Ioannina), Skutari (Shkodra) und Kosovo.[6] Eine Verwaltungsregion Makedonien oder Mazedonien bestand dabei für das osmanische Reich bis 1903 weder direkt noch indirekt.[6] Ab 1903 wurde vom osmanischen Reich im Zuge der osmanischen wie auch internationalen Reformbemühungen (beispielsweise Mürzsteger Programm) von den vilayat-i selase, den drei Vilayets, gesprochen, welche sich auf dem Gebiet der geographischen Region Makedonien befanden.[7]
Für Bulgarien beendete der Vorfrieden von San Stefano 1878 die türkische Fremdherrschaft. Makedonien jedoch wurde von den Großmächten auf dem im gleichen Jahr stattfindenden Berliner Kongress dem Osmanischen Reich zugesprochen.
Zwischen 1872 und 1912 bauten sich zwischen den Bevölkerungsgruppen der geographischen Region Mazedoniens zunehmend Spannungen auf. Ein Spannungsfeld war dabei der Schulkampf zwischen griechisch-orthodoxem Patriarchat in Konstantinopel (Istanbul), der serbischen Schulbehörde und dem bulgarischen Exarchat. Oswald Spengler bemerkte hierzu 1923 in seinem Werk Untergang des Abendlandes:[8]
„In Mazedonien haben Serben, Bulgaren und Griechen im 19. Jahrhundert christliche Schulen für die türkenfeindliche Bevölkerung gegründet. Wenn in einem Dorfe zufällig serbisch unterrichtet wurde, so bestand schon die folgende Generation aus fanatischen Serben. Die heutige Stärke der ‚Nationen‘ ist also lediglich die Folge der früheren Schulpolitik.“
1893 entstand in Thessaloniki die bulgarisch makedonische Freiheitsbewegung BMARK (Bulgarische Makedonien-Adrianopeler Revolutionäre Komitees); Nach mehrere Attentate organisierte sie 1903 den Ilinden-Probraschenie Aufstand der gegen die Türken gerichtet war. Der Aufstand führe zu der Gründung der kurzlebigen Republik Kruševo in Mazedonien und die ebenfalls kurzlebige Strandscha-Republik im türkischen Vilayet Adrianopel.
1912/13 führte der Balkanbund (Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro) Krieg gegen das Osmanische Reich um Makedonien und Thrakien (Erster Balkankrieg). Die Türkei musste ihre europäischen Besitzungen zum größten Teil aufgeben. Danach entzündete sich der Streit um die Aufteilung der eroberten Gebiete. Dies führte noch 1913 zum zweiten Balkankrieg, aus dem Bulgarien als Verlierer hervorging. Der größte Teil der historischen Region Makedonien fiel danach an Griechenland (Griechisch oder „Ägäis-Makedonien“/Makedonia) und Serbien („Vardar-Makedonien“/Süd-Serbien). Der nordöstliche Teil kam an Bulgarien („Pirin-Makedonien“/Blagoewgrad) und ein kleiner Teil im Nordwesten an Albanien (Mala Prespa).
Der an Griechenland gefallene Teil Makedoniens war von 528.000 griechischen Makedoniern (Griechen) bzw. 44,18 %, 465.000 Muslime-Türken (türkischsprechenden Muslimen) und Pomaken (bulgarischsprechenden Muslimen) 38,91 %, 104.000 Bulgaren und Slawen (den heutigen slawischen Mazedoniern, die damals noch nicht getrennt waren) 8,70 % und 98.000 Ladino-sprechenden Juden und Walachen 8,21 % bewohnt. [9]
Im Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet des heutigen Mazedonien erneut an Bulgarien angeschlossen, 1919 verlor dieses die eroberten Gebiete aber wieder und es wurden die Grenzen von 1913 wiederhergestellt. Der serbische Teil des Gebietes wurde Teil des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen.
Im griechischen Teil wurden im Zuge des Bevölkerungsaustausches mit der Türkei 1923 (Lausanner Vertrag) 350.000 vorwiegend türkische Muslime vertrieben und 565.000 griechische Flüchtlinge aus der heutigen Türkei, vor allem aus Konstantinopel (Istanbul) und Smyrna (Izmir) angesiedelt. 86.000 Slawen ( Bulgaren und slawische Mazedonier) wurden nach Bulgarien umgesiedelt. Infolgedessen ist diese Region heute in überwiegender Mehrheit griechisch bevölkert. Mit dem Ziel eines sprachlich homogenen Nationalstaates wurde die Hellenisierung durch Umsiedlung und Assimilation angestrebt. Slawische Ortsnamen wurden durch griechische ersetzt und bis Ende der 1940er Jahre wurde die Pflege des slawischen Idioms zum Teil erschwert, wobei dessen Sprecher oft Repressalien seitens der staatlichen Behörden ausgesetzt waren.
Im zu Serbien bzw. ab 1918 zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (ab 1929 Königreich Jugoslawien) gehörenden Teil Makedoniens wurden die slawischen Mazedonier von den Behörden als Süd-Serben (ab 1929 Vardarska banovina) betrachtet.
Die Geschichte wiederholte sich im Zweiten Weltkrieg, ab 1941 stand der nördliche Teil Makedoniens unter bulgarischer Besatzerherrschaft, ein kleiner Teil war von deutschen Truppen besetzt.
1944 wurden die Vorkriegsgrenzen wiederhergestellt.
Die historische Region Makedonien im Kalten Krieg (1945-1990)
In Vardar-Mazedonien setzte nach der Anerkennung als jugoslawische Teilrepublik samt Anerkennung einer (slawo-)mazedonischen Nation eine Phase der politischen Stabilität ein. Gleichsinniges kann für Pirin-Makedonien angenommen werden. Trotz dieser „inneren“ Befriedung war die Region nicht spannungsfrei, sondern wurde gegenteilig einer der ersten Schauplätze des kalten Krieges und fortgesetzter politischer Auseinandersetzungen, welche erneut von nationalistischen Strömungen und Einflüssen befördert wurden. Tito hatte Pläne für ein vereintes kommunistisches Groß-Makedonien, entweder unabhängig oder unter jugoslawischer Ägide oder als Teil einer Balkanunion, vorgebracht. Erfolgreich waren diese Pläne nicht; zum einen entstand zwischen Bulgarien und Jugoslawien trotz kommunistischer Führung in beiden Staaten ein unveränderter Gegensatz hinsichtlich der Anschauung einer Nation Mazedonien bzw. Slawomazedonien. Die bulgarischen Kommunisten negierten die Existenz einer solchen, Tito erkannte sie ausdrücklich an. Trotz des bis 1948 noch vorhandenen Einflusses der Komintern-Zentrale in Moskau war eine Verständigung nicht möglich. Der Gegensatz zwischen Bulgarien und Jugoslawien wurde durch den Austritt Jugoslawiens aus der Komintern 1948 (Titos Bruch mit Stalin) verschärft. Zwar gewann Tito hierdurch politischen Handlungsspielraum, als dass er das Stalin-Churchill-Übereinkommen bezüglich der sowjetisch-britischen Interessenssphären auf dem Balkan von 1944 ignorieren konnte. Allerdings fehlte ihm die Unterstützung einer Siegermacht und späteren Supermacht. Die nach dem Bruch erfolgte Annäherung Jugoslawiens an die USA brachte Tito in Konflikt mit dem seit 1946 tobenden griechischen Bürgerkrieg, wo die USA sich ab 1947 auf seiten der rechtsgerichteten griechischen Regierung massiv engagierten.
Der griechische Bürgerkrieg hatte Ende März 1946 begonnen. Die kommunistisch kontrollierten Rebellen der DSE kämpften gegen die rechtsgerichtete Zentralregierung in Athen, welche 1946 und 1947 von Großbritannien, ab März 1947 im Rahmen der Truman-Doktrin von den USA unterstützt wurde. Die Kommunistische Partei Griechenlands hatte nicht ohne innere Auseinandersetzungen eine Autonomie oder auch eine Unabhängigkeit der geographischen Region Mazedonien als politischen Programmpunkt vertreten (zugleich auch Komintern-Standpunkt), was ihr in einem substantiellen Teil der griechischen Bevölkerung viele Sympathien kostete. Im Sinne dieser Programmatik fochten auf Seiten der DSE auch (slawo-)mazedonische Rebellen in einer separaten Organisation, der NOF gegen die griechische Zentralregierung. Die DSE-Rebellen hatten sowohl in Jugoslawien als auch in Albanien operative Stützpunkte und Rückzugsgebiete, welche nicht in unmittelbarer Reichweite der griechischen Streitkräfte lagen. Selbst Hinweise von Untersuchungskommissionen der UNO auf die Unterstützung der DSE von Albanien und Jugoslawien aus wurden durch den immer schärfer werdenden Ost-West-Gegensatz im UN-Sicherheitsrat und in der UN-Vollversammlung quasi neutralisiert oder selbst zum Streitpunkt. Der Bruch Titos mit Stalin 1948 leitete als einer der Faktoren die Niederlage der DSE - und damit auch die Niederlage der NOF - ein. Albanien gewährte 1949 den DSE-Rebellen zwar Zuflucht, aber keine aktive Unterstützung, so dass die DSE Ende September 1949 den griechischen Regierungstruppen endgültig unterlag. Damit waren die Chancen der NOF eine (slawo-)mazedonische Autonomie oder gar Unabhängigkeit auf griechischem Territorium zu bewirken vergangen. Als Folge des griechischen Bürgerkrieges flüchteten sowohl ethnisch griechische DSE-Rebellen als auch ethnische (Slawo-)Mazedonier nach Jugoslawien, Albanien und weiter in die Ostblockstaaten. Auch wurden - teils mit, teils auch ohne Zustimmung der Eltern - Kinder in die Ostblockstaaten geführt (deca begalci). Insbesondere in Bitola, Gevgelija und Titov Veles entstanden so beachtliche Gemeinden teils geflohener, teils vertriebener Griechen und slawischer Mazedonier.
Innerhalb der SFR Jugoslawien gehörte Mazedonien zu den wirtschaftlich rückständigsten Gebieten, mit einer Wirtschaftskraft von weniger als 75 % des gesamtjugoslawischen Durchschnitts. Eine große Rolle spielte die Landwirtschaft, insbesondere der großflächige Tabak- und Baumwollanbau. Die Industrie der rohstoffarmen Republik war nur gering entwickelt und war in erster Linie auf Stahl und Textilerzeugnisse konzentriert.
In Griechenland waren die Folgen von Zweitem Weltkrieg und anschließenden Bürgerkrieg auf die Situation in den Verwaltungsregionen des griechischen Makedoniens erheblich. Eine deutliche Abwanderungswelle setzte in den 1950er und 1960er Jahren der Bevölkerungsdichte vor allem in Westmakedonien zu. Nicht nur (Slawo-)Mazedonier flohen infolge der Verneinung kultureller Rechte, sondern auch viele ethnische Griechen und (Slawo-)Mazedonier verließen Westmakedonien infolge der präkären wirtschaftlichen Verhältnisse.[10][11] Die griechischen Nachkriegsregierungen ab 1950 akzeptierten die Existenz einer (slawo-)makedonischen Minderheit nicht; die Ausübung entsprechender Rechte bezüglich Sprache, Bekleidung öffentlicher Ämter und ggf. Schulbildung wurden verneint, auch mit strafrechtlichen Sanktionen.[10] Einen Höhepunkt fand diese Politik in den Jahren der griechischen Militärdiktatur von 1967 bis 1974.[10] Zwischenzeitlich gab es allerdings auch erhebliche Entspannungsbemühungen wie einen Vertrag zum unbürokratischen kleinen Grenzverkehr zwischen Nordgriechenland und der jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien.[10] Seit 1974 hat sich die Situation der (slawo-)mazedonischen Minderheit verbessert, bietet Menschenrechtsorganisationen aber noch genug Kritikpunkte.[12][13][14][15] Eine Anerkennung seitens des griechischen Staates hat weiterhin nicht stattgefunden; vielmehr wird von slawophonen Griechen gesprochen.[16]
Der Kalte Krieg und der hierdurch mitten durch die geographische Region Mazedonien verlaufende eiserne Vorhang hatten auf das Konfliktpotential in der geographischen Region eine unbestreitbar stabilisierende Wirkung. Während bis 1950 wiederholt Kriege und Aufstände die geographische Region betrafen, herrschte seit 1950 zumindest dahingehend Frieden, dass die Konflikte nicht mit Waffengewalt ausgefochten werden. Die Konflikte bestanden aber unvermindert weiter. Bulgarien weigerte sich eine (slawo-)mazedonische Nation anzuerkennen, was zwischen 1952 und 1967 zu einer scharfen diplomatischen Auseinandersetzung mit Jugoslawien führte, welche genau diese (slawo-)mazedonische Nation ausdrücklich anerkannt hatte. Jugoslawien wiederum bemühte sich um die (slawo-)mazedonische Minderheit in Nordwestgriechenland, was seitens Griechenlands nicht als kulturelle Fürsorge sondern als Vorbereitung zu einem hegemonialen Anspruch auf Bestandteile des griechischen Staates mit verschwindend kleiner oder gar keiner (slawo-)mazedonischen Minderheit angesehen wurde - vor allem den territorialen Anspruch auf die Stadt Thessaloniki und ihre Umgebung.[17] Griechenland reagierte auf solche möglicherweise expansiven Ambitionen, in dem es versuchte der möglichen jugoslawischen Argumentation den Boden zu entziehen: es gäbe keine (slawo-)mazedonische Minderheit in Nordwestgriechenland. Der Gegensatz zwischen Bulgarien und Griechenland, was die (slawo-)mazedonische Minderheit in Nordwestgriechenland als bulgarisch betrachtete, war mit dieser Argumentationslinie ebenfalls antagonisiert.[16]
Anerkennung der mazedonischen Nation in Jugoslawien
In wie weit diese Anerkennung als Nation oder Ethnie eine kontinuierliche Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert oder ein durch den jugoslawischen Staatschef forciertes „Nation-Building“ war, ist Gegenstand sowohl historischer als auch politischer Auseinandersetzungen. Eine Sichtweise betont eine kontinuierliche Entwicklung eines mazedonischen (oder slawo-mazedonischen) Nationalbewusstseins seit dem 19. Jahrhundert. Hinweisgebend auf eine kontinuierliche Entwicklung ist beispielsweise die 1893 gegründete Organisation Bulgarische Makedonien-Adrianopeler Revolutionäre Komitees (BMARK), später umbenannt im VMRO (innere makedonische revolutionäre Organisation).[10] Diese sowohl aus Bulgaren als auch aus Mazedoniern (Slawo-Mazedoniern) zusammengesetzte Organisation kämpfte mit Waffengewalt gegen die osmanische Besatzungsmacht und strebte ein von den Osmanen befreites Mazedonien an. Ein zwischenzeitlicher Höhepunkt dieser Entwicklung fand 1903 im Ilinden-Aufstand (oder Ilinden-Probaschenie-Aufstand) seinen Ausdruck: eine kurzzeitig existierende Republik von Kruševo im Gebiet der heutigen Republik Mazedonien wird als historischer Vorläuferstaat der Republik Mazedonien angesehen. Der im gleichen Zeitraum stattfindende Aufstand im heutigen Südbulgarien bzw. Westtürkei (Vilayet Adrianopel; vergleiche auch den Namen Bulgarische Makedonien-Adrianopeler Revolutionäre Komitees) erlaubt die Annahme, dass dieser Aufstand sowohl auf einem mazedonischen (slawo-mazedonischen) als auch bulgarischen (oder bulgarisch-mazedonischen) Nationalbewußtsein basierte. Der Aufstand wurde von den osmanischen Truppen sowohl im Westen (Krusevo) als auch im Osten (Adrianopel) niedergeschlagen. Diese zunächst gemeinsamen (bulgarisch-mazedonisch und slawo-mazedonisch) Anstrengungen gerieten im weiteren Verlauf in einem Gegensatz zu einander, was in der Aufspaltung der VRMO 1925 in eine (vereinfachend) bulgarische und mazedonische VRMO seinen organisatorischen Ausdruck fand. Die Identifikation von (Slawo-)Mazedoniern vor 1900 wird auch dadurch erschwert, dass vermeintlich neutrale Quellen wie Reiseberichte die slawische Bevölkerung als eine Gruppe zusammenfaßte (siehe Ami Boue in ihrem Reisebericht aus den 1830er Jahren: alle Slawen waren Bulgaren).[18] Alternativ kam die osmanische Sichtweise zur Geltung, die bis 1878 nach Religionen unterschied (und damit slawische und griechische Orthodoxe summierte) und nach 1878 zwischen bulgarisch-orthodoxen und griechisch-orthodoxen Christen unterschied. Eine (slawo-)mazedonische orthodoxe Kirche war zum damaligen Zeitpunkt nicht existent und somit auch als Unterscheidungsmerkmal nicht verfügbar.
Im Verlauf der Balkankriege 1912 und 1913 fand das mazedonische (slawo-mazedonische) Nationalbewußtsein mitsamt der Forderung nach einem unabhängigen Staat oder weitgehender Autonomie keine Berücksichtigung. Im ersten Weltkrieg besetzten bulgarische Truppen nach der Niederlage Serbiens 1915 das Gebiet der heutigen Republik Mazedonien und griffen 1916 die heutige griechische Verwaltungsregion Westmakedonien an und besetzten das Gebiet der heutigen Präfektur Florina kurzfristig. In den Friedensverträgen nach dem ersten Weltkrieg wurde die Aufteilung der geographischen Region Mazedonien aus den Balkankriegen, trotz weitergehender Ansprüche aller Beteiligten, als Status quo bestätigt. Erneut fand ein mazedonisches (slawo-mazedonisches) Nationalbewußtsein keine Berücksichtigung.
In der Zwischenkriegszeit bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges auf dem Balkan im April 1941 betrieben die Staaten, welche die geographische Region Mazedonien unter sich aufgeteilt hatten, eine Assimilierungspolitik. In Vardar-Mazedonien - oder zum damaligen Zeitpunkt als Vardarska Banovina tituliert, wurde eine etwaige Existenz einer mazedonischen (slawo-mazedonischen) Ethnie durch den Begriff Süd-Serben verneint und zugleich die Assimilation voran getrieben. In Ägäis-Mazedonien unter griechischer Kontrolle wurde keine minder assimilierende Politik verfolgt. Umbenennungen von Ortschaften zu teils zuvor gebräuchlichen griechischen Namen (Edessa) oder zu teils vorher nicht existenten griechischen Namen (Ptolemaida) wurden nebst der Bezeichnung als slawophone Griechen zur Verneinung einer Minderheiten- oder ethnischen Problematik verwendet. Der kleine bulgarische Teil der geographischen Region Makedonien, Pirin-Mazedonien, wurde als bulgarisch bezeichnet. Verweise auf eine mazedonische (slawo-mazedonische) Nation fanden sich von offizieller Seite nirgends. Vielmehr kursierten politische (Gebiets-)Ansprüche der Staaten aus teils wirtschaftlicher, teils fraglich ethnischer Motivation heraus: Serbien benötigte einen Zugang zur Ägäis (Thessaloniki), Bulgarien auch, Griechenland wollte diesen Zugang nicht abgeben. Eine Auseinandersetzung mit den eigenen (bezogen auf die Staaten Serbien, Bulgarien und Griechenland) Minderheiten oder ethnischen Probleme fand nicht statt. Eine Absage an nationalistische oder bisweilen imperialistische Forderung ebenfalls nicht. Bezogen auf die politische Situation zeigte sich keine politische Vertretung einer mazedonischen (oder slawo-mazedonischen) Nation bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit entsprechender Macht und Einfluss zur Beförderung einer weitgehenden Autonomie oder eines unabhängigen Staates Mazedonien.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 6. April 1941 auf dem Balkan mit dem deutschen Angriff von Bulgarien aus auf Griechenland und Jugoslawien änderte die Situation. Bulgarien besetzte nach deutscher Erlaubnis Vardar-Mazedonien. Einen Zugriff auf Ägäis-Mazedonien bekam es nur in sehr geringem Umfange: die deutschen behielten sich die Besatzung der heutigen griechischen Verwaltungsregionen West- und Zentralmakedonien vor, einschließlich der Stadt Thessaloniki sowie einem Grenzstreifen zur Türkei einschließlich des Hafens Alexandroupolis. Die bulgarische Besatzungsmacht verfolgte eine Assimilierungspolitik im Sinne der Bulgarisierung;[19] eine Anerkennung oder Berücksichtigung von slawo-mazedonischen (oder auch griechischen Interessen bezogen auf die Bevölkerung der Besatzungszone) fand nicht statt.
Der jugoslawische Widerstandsführer Tito förderte ab 1943 den aktiven Widerstand gegen das bulgarische Besatzungsregime unter dem Begriff eines slawo-mazedonischen oder mazedonischen Widerstands gegen die bulgarische Besatzung. Auf heutigem griechischen Territorium verhielten sich die zur slawo-mazedonischen Minderheit zugehörigen Bewohner teils passiv, teils schlossen sie sich dem griechischen Widerstand an, teils (Minderzahl) kollaborierten sie mit den Besatzungstruppen der Achsenmächte. Mit dem deutschen Rückzug aus Griechenland und Jugoslawien im Oktober/November 1944 und dem gleichzeitigen Zusammenbruch der bulgarischen Besatzung in Vardar-Makedonien gewannen die Vertreter des slawo-mazedonischen oder mazedonischen Widerstands die Oberhand. Ein britischer Verbindungsoffizier beschrieb den (slawo-)mazedonischen Widerstand wie folgt:[20]
„Die makedonische Partisanen-Bewegung ist primär nationalistisch und sekundär kommunistisch. In ihrer Propaganda legen sie die Betonung die ganze Zeit auf eine mazedonische nationale Unabhängigkeit.“
Konsequenterweise wurde 1946 die Region Vardar-Mazedonien entsprechend den Plänen der 2. AVNOJ-Konferenz von 1943 als eine eigene sechste Teilrepublik des jugoslawischen Bundesstaates anerkannt (SR Makedonija). Die slawischen Mazedonier wurden gleichzeitig als eigenständige Nation anerkannt. Im Rahmen dieser Anerkennung als Nation wurde eine Reform der (slawo-)mazedonischen Sprache in Auftrag gegeben. Es erschien die erste standardisierte Grammatik der mazedonischen Literatursprache von Blaze Koneski (1921–1993).[21] Die mazedonische Literatursprache wurde auf Grundlage der westmazedonischen Dialekte standardisiert; dieses Vorhaben war bereits von Krste Petkov Misirkov (1874–1926) geplant worden.[21] Das Westmazedonische hätte die größte Distanz zu fremden Einflüssen und die mazedonische Eigenart am ehesten erhalten können. Die Gründung einer autokephalen mazedonisch-orthodoxen Kirche erfolgte 1958, gegen den Widerstand der griechisch-orthodoxen und serbisch-orthodoxen Kirche.[22] 1967 erkannte die russisch-orthodoxe Kirche die mazedonisch-orthodoxe Kirche als autokephal.[22]
Die Region Mazedonien in der jüngsten Vergangenheit (1990 bis heute)
Mit dem Zerfall Jugoslawiens proklamierte die vormalige Teilrepublik Mazedonien am 19. November 1991 die Unabhängigkeit als Republik Mazedonien, 1993 erfolgte die Aufnahme in die Vereinten Nationen, in der EU auf Drängen Griechenlands und anderen internationalen Organisationen als Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien (engl. Former Yugoslav Republic of Macedonia).
Obwohl die Beziehungen zwischen Griechenland und der SFR Jugoslawien nicht die schlechtesten waren, herrschte in Griechenland mehrheitlich Gleichgültigkeit gegenüber dem nördlichen Nachbarn. Dies änderte sich, als bereits während des Zerfallsprozesses Jugoslawiens von slawisch-makedonischen Nationalisten verstärkt Landkarten in Umlauf gebracht wurden, auf denen das zum griechischen Staatsgebiet gehörende Griechisch- oder Ägäis-Makedonien (Makedonia) und das bulgarische Pirin-Makedonien (Blagoewgrad), dem jugoslawischen oder Vardar-Makedonien (Süd-Serbien) zugeschlagen waren.
Die Namensfrage
Insofern musste es Griechenland zwangsläufig als Provokation verstehen, dass Mazedonien bei seiner Unabhängigkeitserklärung 1991 eine Nationalflagge präsentierte, auf der der 1978 im nordgriechischen Vergina bei Ausgrabungen entdeckte Stern von Vergina zu sehen war. Griechenland fürchtete Bedrohungen der Integrität seines Territoriums, insbesondere, nachdem Mazedonien sich in der Präambel seiner neuen Verfassung auf die Tradition der Republik von Krushevo beruft, die ja die Schaffung eines einheitlichen Staates in den Grenzen des geographischen Makedonien vorsah. So verweigert Griechenland dem nördlichen Nachbarn auch die bloße Verwendung des Namens Makedoniens, da es die Vereinnahmung und slawische Monopolisierung der makedonischen Geschichte befürchtet.
Athen antwortete auf diese Provokation stante pede mit der Schließung der Grenzübergänge und einem Boykott sowie der Schließung des Hafens von Thessaloniki, über den die Republik Mazedonien 1991 80 % ihrer Importe abwickelte. Der Boykott, der Mazedonien in eine dramatische Wirtschaftskrise stürzte, wurde 1994 aufgehoben, nachdem dieses sich bereit erklärte, die Flagge zu ändern. Anschließend entwickelte sich die wirtschaftliche als auch die politische Zusammenarbeit zwischen der Republik Mazedonien und Griechenland sehr gut [23]. Die Namensfrage blieb und bleibt bei politischen Diskussionen zumeist ausgeklammert.
Ethnische Konflikte in der Republik Mazedonien (2000)
Ab 2000 wurde die Republik Mazedonien von heftigen Unruhen erschüttert. Vergleichbar dem regelrechten „Patchwork“ in ethnischer Hinsicht in anderen Teilen Mazedoniens und dem Balkan brachen in der Republik Mazedonien Konflikte, begrenzt auch mit Waffengewalt, zwischen der albanischen Minderheit und der (slawo-)mazedonischen Mehrheit auf. Auf (slawo-)mazedonischer Seite wurden auch unter dem Eindruck des unmmittelbar in der Nachbarschaft stattgehabten Kosovo-Konflikts von 1999 Befürchtungen vor einem Großalbanien unter Einschluss des Kosovo und nordwestlichen Teilen der Republik Mazedonien laut. Neben der numerisch recht starken albanischen Minderheit machte sich auch eine kleine serbische Minderheit bemerkbar. Die Nationalitätenkonflikte der historischen Region Mazedonien hatten 2000 auch den (slawo-)mazedonischen Staat Republik Makedonien quasi „eingeholt.“ Durch Vermittlung der EU konnte das Rahmenabkommen von Ohrid am 13. August 2001 unterzeichnet werden. Durch dieses Abkommen und seine Umsetzung entschärften sich die ethnischen Gegensätze zwischen Albanern und Mazedoniern in der Republik Mazedonien merklich.
Bevölkerung
In der Republik Mazedonien stellen die Slawischen Mazedonier die Mehrheit der Bevölkerung. Daneben gibt es Minderheiten, von denen die Albaner die mit Abstand größte sind.
Die griechische „geografische Region“ (geografikó diamérisma/γεωγραφικό διαμέρισμα) Makedonien ist administrativ in drei Verwaltungsregionen unterteilt, wobei die östliche auch Westthrakien umfasst. Im Gegensatz zu anderen Regionen hat diese eine starke Identitität, die zum einen auf historischen Unterschieden beruht, zum anderen auch auf die Konkurrenz Thessaloniki-Athen zurückgeht. So werden Politikern aus dieser Region typisch „makedonische“ Eigenschaften zugesprochen.
Die Region ist in überwiegender Mehrheit griechisch-makedonisch bevölkert, wobei in den Zwanziger Jahren ein großer Teil der Pontos-Griechen die Stelle der ehemals nicht-griechischen Bevölkerung einnahm [24]. Es existiert dort jedoch eine kleine slawomazedonische (oder auch slawophone) Minderheit[25][26], vor allem in den Präfekturen Kilkis und Florina. Deren Anteil an der Gesamtbevölkerung ist nicht gesichert, da der griechische Staat bei Volkszählungen keine Zahlen zur sprachlichen oder ethnischen Herkunft der Einwohner erhebt. Weiterhin existieren aromunische[27] meglenorumänische[28] und armenische[29] Bevölkerungsanteile, die jedoch weitgehend assimiliert sind und deren Sprachen heute als bedroht gelten. [30]
Bulgarien hat zwar die Republik Mazedonien als Staat sofort anerkannt, weigerte sich jedoch, die slawischen Mazedonier als ein eigenständiges Volk und Mazedonisch als eigene Sprache anzuerkennen.
Im Jahr 1999 legten die bulgarische und die mazedonische Regierung ihren jahrelangen linguistischen Streit bei, der die bilateralen Beziehungen schwer belastete. Bulgarien erkannte die Eigenständigkeit der mazedonischen Sprache und Nation erstmals offiziell an, Mazedonien entsagte im Gegenzug jeglicher Einflussnahme auf die slawisch-mazedonische Minderheit in dem bulgarischen Teil Makedoniens.